MEDITATIONSANLEITUNG

MEDITATIONSANLEITUNG FÜR JEDERMANN

Shamatha oder die Achtsamkeitsmeditation ist eine sehr organische, grundlegende Praxis. Sie basiert darauf, den Moment wahrzunehmen, in dem sich unsere Aufmerksamkeit mit unserer gegenwärtigen Situation verbindet. Es geht darum, diese einfache Art der Aufmerksamkeit bewusst zu kultivieren. Körper und Geist werden dadurch in Einklang gebracht. Wir beginnen uns weniger zerstreut und wacher mit unserer Umwelt auseinanderzusetzen.

Um die Shamatha-Meditation als formale Meditationspraxis auszuführen nutzen wir vier Schritte:

1. Den Sitz einnehmen

Wir beginnen indem wir unseren Meditationssitz einnehmen. Wir sitzen in der Regel in einer stabilen Haltung mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen am Boden. Wir nehmen eine bequeme Haltung ein und spüren eine gute Verbindung zwischen Gesäß und Kissen – wir sollten uns geerdet und stabil fühlen. Als nächstes legen wir die Hände einfach auf die Oberschenkel oder Knie, je nachdem, wie lang die Arme sind.

Oberkörper, Kopf und Schultern sollten aufrecht, aber entspannt sein. Das Kinn ist ein wenig in Richtung Brust eingezogen. Die Haltung sollte sich würdevoll und erhebend anfühlen, aber nicht steif oder angespannt.

Falls wir aus irgendeinem Grund Schwierigkeiten haben, im Schneidersitz zu sitzen, können wir eine kniende Haltung einnehmen oder uns einfach aufrecht auf einen Stuhl setzen. Alle Hilfsmittel wie z.B. Kissen können wir nutzen um so bequem wie möglich zu sitzen. Der Rücken soll möglichst gerade sein und nicht an eine Wand oder an die Rückseite eines Stuhls angelehnt werden. Wir sprechen von „nicht zu fest und nicht zu locker“ – dieses Prinzip ist eine gute Leitlinie für die Meditationspraxis.

Wenn wir so sitzen entsteht ein Gefühl des Ankommens in der Haltung und der Reduzierung der Aktivität. Wir prüfen dann, ob der Kiefer entspannt ist; der Mund kann dabei entweder leicht geschlossen oder leicht geöffnet sein. Die Augen sind offen, der Blick ist weich, nach unten gerichtet und ruht etwa 1,5 m bis 2 m vor uns am Boden. Wir blenden unser Gewahrsein gegenüber dem uns umgebenden Raum nicht aus. Wir können den Fokus etwas entspannen. Falls wir uns bei längerem Sitzen unbequem fühlen oder wenn ein Fuß eingeschlafen ist, kann es hilfreich sein, die Füße aufzustellen oder ein Bein auszustrecken und die Praxis so fortzusetzen. Wir können jederzeit wieder von vorne beginnen.

2. Einchecken

Als nächstes nehmen wir eine innere Bestandsaufnahme vor. Wir fragen uns: „Wie fühle ich mich körperlich? Wie ist meine Stimmung? In welcher Geistesverfassung befinde ich mich gerade? Was geht gerade ab“? Jedes mal, wenn wir uns hinsetzen, bringen wir etwas mit. Wir bemerken unsere jeweilige Tagesverfassung. Wir sind einfach präsent für das, was wir gerade fühlen. Sind wir müde, aufgeregt oder gelangweilt? Wir fühlen einfach die menschliche Qualität unserer Existenz und erlauben ihr, sich zu zeigen. Empfänglichkeit und Zuversicht sind im Gleichgewicht. Wir wenden uns vom gegenwärtigen Moment nicht ab. Wir sind bereits wach und grundlegend gut. Meditation ist ein Ausdruck von dieser natürlichen Gutheit. „Natürlich“ bedeutet, dass wir dafür nicht kämpfen, nicht aggressiv vorgehen müssen.

„Gutheit“ bedeutet, dass wir unseren Erfahrungen in der Meditation vertrauen können. Wir müssen keine Angst vor uns selbst und unserer Erfahrung haben.

3. Die Aufmerksamkeit auf den Atem platzieren

Nachdem wir auf diese Weise den Körper zentriert haben, platzieren wir unsere Achtsamkeit auf den Atem. Wir fühlen wie wir ein- und ausatmen. Wir atmen ganz natürlich und wenden kein Pranayama oder eine andere Atemtechnik an. Unsere Achtsamkeit verbindet sich mit unserem Atem. Auch hier wollen wir eine Leichtigkeit bewahren statt zu angestrengt oder überkonzentriert zu sein. Unsere Achtsamkeit richtet sich entspannt auf das Ein- und Ausatmen.

Wann immer wir mit der Achtsamkeit abschweifen (unsere Gedanken wandern zu unserem/r Partner*in, zur bevorstehenden Arbeitswoche oder zu einem Stück Schokolade), kehren wir mit unserer Aufmerksamkeit zum Atem zurück, ohne jede Art von Urteil, Kommentar oder Wertung. Wir holen die Achtsamkeit zurück.

4. Gewahrsein

Unser Gewahrsein nimmt Geräusche wahr, es nimmt Gedanken wahr und es nimmt wahr, wann immer wir das Objekt – in diesem Falle den Atem – verloren haben. Da ist eine Form von Wissen und Intelligenz, der Geist sieht was vor sich geht. Aus diesem Gewahrsein kann Einsicht entstehen. Einsicht, in die Dinge, wie sie wirklich sind.

Wenn wir feststellen, dass wir denken, erkennen wir dies einfach an und kommen zurück. Wir bemerken, dass die Aufmerksamkeit gewandert ist und nehmen den Moment des Loslassens der Gedanken wahr. Wir entspannen uns in die Lücke und kommen sanft und freundlich zurück zum Atem.

Falls wir uns bei längerem Sitzen unbequem fühlen oder wenn ein Fuß eingeschlafen ist, kann es hilfreich sein, die Füße aufzustellen oder ein Bein auszustrecken und die Praxis so fortzusetzen. Wir können jederzeit wieder von vorne beginnen.

Empfehlungen für eine kontinuierliche Meditationspraxis

Diese vier Schritte sind eine allgemeine Einführung in die Technik der Shamatha- oder Achtsamkeitsmeditation. Die Schritte 1 und 2 sind vorbereitende Schritte für die eigentliche Meditation. Schritte 3 und 4 beschreiben den eigentlichen Prozess der Meditationspraxis. Es ist in Ordnung mit kurzen Sitzperioden anzufangen. Vielleicht sitzen wir jeden zweiten Tag für 10-15 Minuten. Von hier kann man seine tägliche Praxis zeitlich ausbauen für so lange es sich richtig anfühlt. Vielleicht nehmen wir ein „Gelübde“, in dem wir uns selbst versprechen jeden Tag so lang es uns möglich ist und so lang wir bereitwillig sind zu praktizieren. Wann immer wir dieses „Gelübde“ vergessen, kommen wir einfach mit Freundlichkeit und Humor wieder zu unserer Praxis zurück. Auf dem weiteren Weg kann es hilfreich sein, mit einem Lehrer oder einer Lehrerin zu arbeiten. Das Meditieren in der Gruppe kann ebenfalls nützlich sein und Kontext, Struktur und Unterstützung für die Praxis bieten.